Mondschein

Mondschein

Thora Urteaga

116,931 Wörter

5.0

Beschreibung

Für ihn war die erste Begegnung mit einem Mordopfer immer eine Begegnung zwischen zwei Menschen. Eine Begegnung, die im Tod genauso wichtig war wie im Leben, so aufschlussreich wie ein Gespräch - in m ancher Hinsicht sogar noch wichtiger. Sie hatte das Gefühl, dass sie von der Welt abfallen könnte. Alles fühlte sich gefährlich an; sie war sich nicht sicher, ob ihre Haut ihre Knochen und ihr Blut und ihr Herz in sich tragen konnte. Sie war die Crème brûlée der Mütter: außen eine harte Schale, innen totaler Brei. Alle paar Wochen wurde das Leichenschauhaus hierher gerufen, um eine Leiche zu bergen - meist eine Überdosis, einige aus Versehen und einige Selbstmorde. Die Wände waren durchtränkt von der Traurigkeit der einsamen Menschen, die sich in ihren kleinen Zimmern zu Tode gesoffen hatten. Heimlich, auf der Seite, die Lulu nicht sehen konnte, packte Scotty die Fettrolle um ihre Taille. In der alten Werbung hieß es, wer mehr als einen Zentimeter abknabbern könne, müsse sein Müsli essen und in Form kommen. Scotty konnte einen halben Zentimeter abknapsen.